Was sind Entzündungen & Freie Radikale?

Pascal Pape

Was sind Entzündungen & freie Radikale?

Auf meiner Page reden wir häufig von Entzündungen, oxidativem Stress und freien Radikalen. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesen Begriffen? Fakt ist: Chronische Entzündungen und oxidativer Stress können zahlreiche moderne Krankheiten verursachen. Das ist unumstritten. Dennoch erhalten sie viel zu wenig Aufmerksamkeit, sowohl in Medien als auch von medizinischer Seite aus. Das wiederum könnte daran liegen, dass beide Faktoren vor allem durch den Lebensstil beeinflusst werden. Wenn Ihr also Zahlen lest wie „über 80% der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind vermeidbar“, dann bezieht sich dieser Wert auf den gesunden oder ungesunden Lebensstil, was uns wieder zurück zu Entzündungen und oxidativem Stress bringt.

Zahlreiche Krankheiten sind entzündungsbasiert oder beinhalten Entzündungsfaktoren, namentlich unter anderem sämtliche Krankheiten, die auf „-itis“ enden (wie zum Beispiel Arthritis) aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Übergewicht, Asthma, Allergien, Hashimoto-Thyreoiditis, andere Auto-Immun-Erkrankungen, bis hin zu Krebs und Alzheimer.

Was sind Entzündungen?

Entzündungen sind nichts anderes als eine Abwehrreaktion des Körpers auf eine Gefahr. Entzündungen entstehen zum Beispiel akut durch Verletzungen, Schmerz, bakterielle Infektionen oder Krankheiten. Sie helfen dabei, Wunden zu heilen. Bei akuten Entzündungen weiten sich unter anderem unsere Arterien, damit vermehrt Blut zur Verletzungsstelle strömen kann. Wir sehen die dafür typische Schwellung, wenn wir uns verletzen. Das sieht nicht schön aus, bringt aber unter anderem reichlich von den guten Jungs – verschiedene Arten von Leukozyten/ weiße Blutzellen – zur Verletzungsstelle, damit diese ihre Arbeit verrichten und aufräumen können.

Schlagt mal mit der Faust gegen die Wand (nein, bitte nicht wirklich) und seht zu, wie schnell die verletzte Stelle anfängt zu pochen, wärmer und dicker wird. Das ist eine Form der Entzündung, denn die typischen Merkmale von Entzündungen sind Schmerz, Schwellung, Hitze, Errötung und eingeschränkte Funktion.

Entzündungen signalisiert Zellen also, dass etwas nicht in Ordnung ist, was sie dazu bringt anders zu handeln, als sie es im Normalzustand tun. Einige Zellen senden durch Entzündungen zum Beispiel Signale aus, was die Permeabilität von Gefäßen erhöht. Übersetzt heißt das wieder, es werden alle Türen geöffnet, damit Hilfe herbeieilen kann. Selbst Gefäße, die sonst möglichst dicht halten sollten, werden durchlässiger.

Neutrophile Granulozyten zum Beispiel sind die ersten Leukozyten, die an Verletzungsstellen auftauchen. Unser körpereigener Notarzt sozusagen. Diese Zellen nutzen Phagozytose um Eindringlinge zu töten und diese abzutransportieren. Für diesen Prozess produzieren und verwenden sie sogenannte reaktive Sauerstoffspezies (freie Radikale). Diese reaktiven Sauerstoffspezies bekämpfen jedoch sowohl pathogene Erreger, als auch Zellen in der Umgebung – egal ob krank oder gesund.

Entzündungen sind für die Wundheilung wichtig und damit Angreifer, Eindringlinge oder Gefahren bekämpft und aus dem Organismus ausgeschieden werden können. Durch Entzündungen werden zudem kranke Zellen angegriffen und entfernt.

Chronische Entzündungen

Wer einen Schritt weiter denkt, dem wird sofort klar, dass Entzündungen nur über einen kurzen und begrenzten Zeitraum gesund sein können. Steht unsere Haustüre jeden Tag offen, so kann zwar jeden Tag der Notarzt vorbei schauen, aber ebenso auch Einbrecher oder andere gefährliche Eindringlinge. Gleiches gilt für unsere Gefäße und unseren gesamten Körper.

Außerdem beschießt unser Körper mit freien Radikalen nicht nur Feinde, sondern auch Freunde. Der Körper feuert also, wie mit einem Flammenwerfer, wild um sich und macht erstmal alles platt, bevor dann neue fleißige Zellen rekrutiert werden, um mit dem Wiederaufbau beginnen zu können. Kurzfristig bei Infektionen und Verletzungen eine effektive Methode, um Eindringlinge oder Zellmüll zu beseitigen. Werden Entzündungen jedoch chronisch und halten über längere Zeit an, so greifen Leukocyten den eigenen Körper und gesunde Zellen an.

Ein einfaches Beispiel für eine Ursache von chronischen Entzündungen ist, wenn das Verhältnis von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren zu stark von 1:1 abweicht, wie wir in unserem Artikel bereits erklärt haben. Unsere moderne Ernährung enthält ein Übermaß an Omega-6-Fettsäuren (n6) und ein Minimum an Omega-3-Fettsäuren (n3). N6-Fette wirken jedoch in unserem Körper entzündungsfördernd, n3-Fette dagegen entzündungshemmend. Die typische moderne Ernährung ist also vergleichbar mit der Fahrt in einem Porsche ohne Bremsen. Der Körper kann mit n6-Fettsäuren Entzündung auslösen und macht das auch fleißig. Geht es aber darum, diese Entzündungen im Bedarfsfall wieder abzuschalten, so braucht er dafür unter anderem die n3-Fettsäure DHA. Erhält unser Körper diese essenzielle Fettsäure nicht in ausreichenden Mengen, so entsteht Chaos. Chronische Entzündungen sind die Folge.

Chronische Entzündungen sind meistens subklinisch, haben also keine akuten Auswirkungen auf unsere Gesundheit und werden deshalb leider häufig von Patienten und Ärzten nicht erkannt. Langfristig schaden sie aber dem Körper und können verschiedene Krankheiten verursachen.

Während krebsartige Zellen sich unkontrolliert vermehren, so agieren Zellen unter chronischen Entzündungen in die entgegengesetzte Richtung. Durch Entzündungen eliminieren Leukozyten unkontrolliert kranke und gesunde Zellen gleichermaßen.

Was sind freie Radikale?

Nehmen wir im nächsten Schritt freie Radikale unter die Lupe. Wie wir bereits erfahren haben, entstehen durch Entzündungsprozesse vermehrt freie Radikale. Doch gibt es zahlreiche andere Entstehungsmöglichkeiten. Wandelt unser Stoffwechsel Nahrung in Energie um, so entstehen freie Radikale als Nebenprodukt, vergleichbar mit Abgasen, die beim Autofahren entstehen. Auch in Lebensmitteln oder in der Luft können freie Radikale enthalten sein – vor allem in verarbeiteten Lebensmitteln, Zigarettenrauch oder verschmutzter Luft. Andere werden durch Sonnenlicht verursacht, wenn dieses auf Haut oder Augen trifft. Wieder andere entstehen durch psychischen Stress oder starke körperliche Aktivitäten.

Freie Radikale kommen in verschiedenen Formen, Größen und chemischen Strukturen vor. Was jedoch alle gemeinsam haben, ist ihr unersättlicher Appetit auf Elektronen. Denn freien Radikalen fehlt in der Regel ein Elektron in ihrer chemischen Struktur. Deshalb werden sie „aggressiv“ und versuchen dieses Elektron von umliegenden Molekülen zu stehlen. Freie Radikale können durch ihr aggressives Verhalten Gene und Zellen angreifen und beschädigen, indem sie die chemische Struktur des „Beraubten“ verändern.

So können Schäden durch freie Radikale den Anleitungsplan eines DNA-Strangs verändern. Freie Radikale können Zellmembranen angreifen und beschädigen. Oder sie oxidieren das Lipoprotein LDL (im Volksmund auch „böses Cholesterin“ genannt) und wandeln es in ein gefährliches Geschoss innerhalb unserer Arterien um, das in Gefäßwände eindringen und diese beschädigen kann.

Unser Körper ist permanent der Bedrohung durch freie Radikale ausgesetzt. Freie Radikale können unter anderem Zellen, DNA oder unsere Arterien beschädigen.

Was sind Antioxidantien und was ist oxidativer Stress?

Antioxidantien sind die natürlichen Gegenspieler von freien Radikalen. Antioxidantien sind sehr spendabel und geben gerne freiwillig ein Elektron her. Dadurch ergänzen sich Antioxidantien und freie Radikale. Die einen haben Hunger, die anderen rennen mit einer Schüssel Suppe durch die Straßen. Normalerweise stehen freie Radikale und Antioxidantien in einem natürlichen Gleichgewicht, wird dieses Gleichgewicht jedoch gestört, so entsteht Chaos in unserem Körper. Das Ungleichgewicht zu Seiten der freien Radikale hat den schicken Namen „oxidativer Stress“ erhalten.

Manche Antioxidantien kann unser Körper selbst herstellen, den Großteil und die Bausteine dafür erhalten wir jedoch durch eine gesunde Ernährung. Antioxidantien sind zum Beispiel Vitamin C, Vitamin E oder verschiedene Pflanzenstoffe. Die meisten Tiere können im Gegensatz zu uns übrigens Vitamin C selbst synthetisieren. Scheinbar war aber der Mensch während seiner Evolution stets schlau genug, immer reichlich gesundes Obst und Gemüse zu finden, weshalb die Evolution diese Fähigkeit wohl irgendwann einfach „abgeknipst“ hat. Die Erfindung von Pasta und Keksen hat die Evolution offensichtlich nicht mit einberechnet.

Wie bereits erwähnt, kommen freie Radikale in zahlreichen verschiedenen Formen und Größen vor. Freie Radikale sind also wählerisch und nehmen nicht von jedem Antioxidans ein Elektron an. Deshalb brauchen wir eine breite Palette an Antioxidantien durch unsere Ernährung, um oxidativem Stress entgegen zu wirken. Das tägliche Glas Orangensaft bringt also nur bedingt etwas, obwohl es so viel Vitamin C enthält.

Oxidativer Stress bedeutet ein ungesunder Überschuss an freien Radikalen und/oder zu wenig Antioxidantien zur Verteidigung in unserem Organismus.

Der Teufelskreis durch ungesunden Lebensstil

Wir haben gelernt, dass Entzündungen mehr freie Radikale verursachen oder zum Beispiel Gefäße durchlässiger werden. Gleichzeitig schädigen aber freie Radikale unter anderem unsere gesunden Zellen oder Gefäße. Auf Schäden wiederum reagiert unser Körper mit Entzündungen, um diese zu beseitigen und zu heilen. Es entsteht also unweigerlich ein Teufelskreis, wenn nicht genügend Antioxidantien bereit stehen, zu viele freie Radikale langfristig unseren Körper verwüsten oder wir unter chronischen Entzündungen leiden.

Leider leiden viele Menschen durch einen ungesunden Lebensstil unter allen drei genannten Faktoren, obwohl bereits einer ausreichen würde, um den Teufelskreis anzustoßen. Durch falsche Ernährung, wie zu viele Nudeln, Brot, verarbeitete Lebensmittel oder billige Fette, fördern wir chronische Entzündungen. Durch zu wenig Obst und Gemüse reduzieren wir die Menge an Antioxidantien. Und durch zu viel psychischen Stress, schlechten Schlaf oder Umweltbelastungen erhöhen wir die Anzahl an freien Radikalen, die unser Körper täglich aufnimmt.

Der moderne Lebensstil ist oft ungesund und provoziert den Teufelskreis aus Entzündungen und oxidativem Stress durch freie Radikale.

Eine gesunde Ernährung und genügend Antioxidantien

Wie können wir den Teufelskreis durchbrechen? Vor allem durch gesunde Ernährung und einen gesunden Lebensstil. So zeigte zum Beispiel die mit Harvard durchgeführte „Nurses’ Health Study“ mit rund 110.000 Probanden: Menschen, die täglich mehr als 8 Portionen Obst und Gemüse konsumierten, hatten ein 30% geringeres Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall. Eine andere Studie zeigte, dass eine gesunde Ernährung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 42% senkte.

Das alleine durch die Ernährung. Und diese Studien basierten auf veralteten Ernährungsweisheiten. Stellt Euch vor, was mit aktuellem Know-how möglich wäre. Zum Beispiel:

  • Wir haben den glykämischen Index und seine Wirkung auf den Blutzucker entdeckt.
  • Wir wissen, wie stark Kohlenhydrate unsere Entzündungswerte erhöhen oder welche Lebensmittel reich an Antioxidantien sind.
  • Wir haben verstanden, wie neben Obst und Gemüse der Konsum von wildem Fisch, Fleisch von grasfressenden Tieren oder gesunden Fetten ähnlich wichtig ist.
  • Wir wissen, dass Rauchen freie Radikale erzeugt, Alkohol dagegen in Maßen sogar unsere Entzündungswerte senkt.
  • Wir können messen, dass Stress und Umweltbelastungen unsere Werte an freien Radikalen erhöht haben, im Gegenzug aber die Menge an wichtigen Nährstoffen und Antioxidantien in unseren Lebensmitteln immer weiter gesunken ist.

Gute Ernährungsberater bedenken deshalb unter anderem, dass sich nicht alle Defizite in der modernen Ernährung überwinden lassen. Ein zu viel oder zu wenig wichtiger Nährstoffe können wir intelligent mit natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln ausgleichen. Hier entscheidet jedoch Qualität und nicht Quantität, da – wie in diesem Artikel erklärt – wir eine breitgefächerte Zufuhr an Antioxidantien benötigen. Zwei Kilo Vitamin C und E am Tag ergeben wenig Sinn. Wichtiger ist zum Beispiel zu verstehen, dass der Gehalt des Antioxidants Lycopin in Tomaten zum Teil nur noch 3% ihrer wilden Vorfahren beträgt oder der unauffällige Pflanzenstoff Lutein genauso wichtig in der Kette der Antioxidantien ist. Beides nur Beispiele für Pflanzenstoffe, die deshalb in keiner gesunden Ernährung zu kurz kommen sollten.

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