Magnesiumstearat – schädlich oder harmlos?

Pascal Pape

Aktualisiert: 22.1.2020

Magnesiumstearat – schädlich oder harmlos?

„Pascal, was hältst Du von Magnesiumstearat? Ist es schädlich?“

Magnesiumstearat ist ein Zusatzstoff, der in vielen Nahrungsergänzungen verwendet wird. Eigentlich unscheinbar, dennoch brennt über Magnesiumstearat seit Jahren eine heiße Diskussion.

Es ist immer dasselbe Spiel: Hersteller bekriegen sich gegenseitig, machen den anderen schlecht und schlagen kräftig die Marketing-Trommel. Der Verbraucher steht in der Mitte und hat keine Ahnung, wem er glauben sollen.

Lass mich deshalb ein für allemal Klarheit schaffen.

Ist Magnesiumstearat schädlich? Verklebt es den Darm? Hemmt es die Bioverfügbarkeit?

In diesem Artikel schauen wir uns alle Studien an. Bei all der Verwirrung, wirst Du erstaunt sein, wie eindeutig die Fakten sind.

Was ist Magnesiumstearat?

Magnesiumstearat – auch bekannt als Magnesiumsalze der Speisefettsäuren – ist ein Fließstoff. Man könnte sagen, es ist das Gleitmittel der Tablettenproduktion.

Wer Zuhause in der Garage ein Pulver zusammenrührt, braucht sicherlich nichts dergleichen. Wer aber mehrere Nährstoffe miteinander kombinieren und präzise genau aufeinander abstimmen möchte, der braucht irgendeine Art von Fließstoff. Das verhindert, dass Inhaltsstoffe verkleben. Magnesiumstearat stellt also exakte Mengen der Nährstoffe sicher.

Hierfür gibt es auch verschiedene synthetische Alternativen. Magnesiumstearat dagegen ist ein Salz, das sich aus den zwei natürlichen Stoffen zusammensetzt:

1) Stearinsäure (96%): Diese natürliche Fettsäure finden wir in deutlich höherer Menge in Lebensmitteln wie Schokolade, Kokosöl oder Leinsamen.

2) Magnesium (4%): Ein wertvolles Mineral.

Also erstmal nichts schlimmes. Manche Websiten behaupten, dass Magnesiumstearat nichts mit diesen zwei Stoffen zu tun hätte. Das ist jedoch falsch. Studien zeigen, dass Magnesiumstearat im Körper wieder in genau diese Stoffe zerlegt wird.

Magnesiumstearat besteht aus den natürlichen Stoffen Magnesium und Stearinsäure.

Woher kommen dann die Vorwürfe?

Alles geht zurück auf ein Interview von Dr. Mercola mit Dr. Klinghardt, zum Thema Füllstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln.

Damals gab es eine Studie über Stearinsäure und Zellen von Mäusen. Die Ergebnisse beunruhigten den Experten und deshalb riet er zu Vorsicht.

Was die meisten jedoch nicht wissen: Dr. Klinghardt hat seine Zweifel gegenüber Magnesiumstearat Jahre später selbst zurückgezogen und öffentlich revidiert.

Denn Mäuse sind nunmal keine Menschen. Das ist natürlich noch kein Freispruch, also schauen wir uns die einzelnen Argumente genauer an.

1) Effekt auf Immunzellen und Immunsystem

Das erste Argument basiert auf der gerade genannten Studie mit Zellen von Mäusen:

„Molecular basis for the immunosuppressive action of stearic acid on T cells“

Es macht mich sprachlos, dass diese Studie weiterhin zitiert wird. Denn wie gesagt, hat selbst Dr. Klinghardt klargestellt, dass sie völlig unbedeutend ist. Wer diese Studie als Argument verwendet, hat vermutlich keine einzige Zeile davon gelesen.

Lass uns deshalb in die Studie sehen:

Erst einmal geht es hier überhaupt nicht um Magnesiumstearat, sondern um reine Stearinsäure. Zweitens wurde die Studie in vitro durchgeführt (also nicht mit Menschen):

Immunzellen von Mäusen wurden auf eine Petrischale gesetzt und in Stearinsäure ertränkt. Die Zellen nahmen fleißig Stearinsäure auf, woraufhin ihre Membran kollabierte. Das ist natürlich alles andere als realitätsnah, weil Du so viel Kokosöl gar nicht trinken könntest.

Noch wichtiger ist drittens: Wie beschrieben, erfolgte das Experiment mit Zellen von Mäusen. Doch Mäuse können Stearinsäure nicht aufspalten, da ihnen das nötige Enzym fehlt. Menschliche Zellen dagegen verfügen über das Enzym Delta D-Saturase.

Mit diesem Enzym können unsere Zellen Stearinsäure in Ölsäure umwandeln. Ölsäure ist eine Fettsäure bekannt aus Olivenöl – nicht schädlich, sondern laut Studien sogar förderlich für Deine Gesundheit. Falls Dir das zu theoretisch war, hier die Kurzfassung:

Der Körper nutzt Stearinsäure, um daraus Ölsäure zu gewinnen. Diese Fettsäure ist nicht schädlich, sondern sogar gut für die Gesundheit.

2) Hemmt Magnesiumstearat die Aufnahme von Nährstoffen?

Der zweite Vorwurf: Magnesiumstearat soll Nährstoffe „verkleben“ und damit ihre Aufnahme verschlechtern. Oder anders gesagt: Es soll die Bioverfügbarkeit reduzieren. Dieser Vorwurf beruht erneut auf einer in vitro Studie – Menschen waren also wieder nicht im Spiel.

Das sagt die Studie: Man tauchte Tabletten mit Magnesiumstearat in eine künstlich hergestellte Magensäure. Das Ergebnis war, dass sich die Tabletten langsamer auflösten.

Langsamer ist das Stichwort. Denn die Geschwindigkeit sagt nichts darüber aus, wie viel von einem Nährstoff aufgenommen wird. Im Gegenteil: Langsam aufgenommene Nährstoffe kommen häufig sogar besser im Körper an.

Andere Studien belegen diese Vermutung: Obwohl sich die Aufnahme durch Magnesiumstearat zum Teil verlangsamte, hatte es keine Auswirkungen auf die Bioverfügbarkeit. Beweis dafür waren dieses Mal übrigens Blutproben von echten Menschen.

Studien an Menschen belegen: Magnesiumstearat hemmt die Aufnahme von Nährstoffen nicht – sondern verlangsamt sie nur.

3) Baut Magnesiumstearat einen gefährlichen Biofilm auf?

Macht Magnesiumstearat den Darm kaputt? Wem die Argumente bis jetzt noch nicht lächerlich genug waren, hier fängt es an, richtig kurios zu werden. Viele Magnesiumstearat-Gegner argumentieren mit einem dünnen, schleimartigen Biofilm, der sich über die Darmschleimhaut legen soll, sobald man Magnesiumstearat zu sich nimmt.

Das sagt die Studie: Warte… Es gibt gar keine Studie.

Es gibt lediglich ein Video auf Youtube, in dem jemand mit Wasser und Magnesiumstearat hantiert (und natürlich wird ganz nebenbei auf das eigene Produkt gezoomt). Am Ende des Experiments entsteht eine Ablagerung auf dem Gemisch. Boom!

Was das mit dem menschlichen Verdauungstrakt zu tun hat? Gar nichts. Du könntest genauso gut auch Öl auf Wasser schütten und dich wundern, warum das Öl an der Oberfläche schwimmt. (Kleine Erinnerung: Magnesiumstearat besteht zum größten Teil aus Öl.)

Das ist reine Bauernfängerei. Ich mache es deshalb kurz:

Ich konnte keine einzige Studie finden, die diesen gefährlichen Biofilm auch nur nahelegt. Die Behauptung, dass Magnesiumstearat dem Darm schadet, ist ohne jegliche Basis schlichtweg aus der Nase gezogen.

Im Gegenteil: Stearinsäure zeigte in Studien sogar, dass sie gut für den Darm ist.

Magnesiumstearat schadet nicht dem Darm, sondern schützt ihn sogar.

Wie kommt es dann zu Nebenwirkungen von Magnesiumstearat?

Streift man durch das Internet, findet man viele Erfahrungsberichte von Menschen, die überzeugt sind, dass Magnesiumstearat Nebenwirkungen verursacht – von Allergien bis Durchfall. Wie kommt es dazu?

Mit einem Wort erklärt: Nocebo-Effekt.

Das heißt, man spürt eine Nebenwirkung, geht dann ins Internet und liest „Magnesiumstearat ist schädlich“. Die logisch Annahme: Das Magnesiumstearat ist schuld. Ob es nicht vielleicht einer der anderen Wirkstoffe sein könnte, wird oft gar nicht mehr hinterfragt.

Ich habe mich mit einigen Verbrauchern ausgetauscht, die Symptome hatten. Dabei wurden in den meisten Fällen Nahrungsergänzungen verschiedener Hersteller wild vermischt und obendrauf noch mit Arzneimitteln kombiniert. Bitte tu das nicht. Solche selbst zusammengestellten Mischungen können schnell zu Problemen führen.

Und wer nicht auf die richtige Qualität achtet, greift leicht zu verunreinigten Produkten. Auch das kann zu Nebenwirkungen führen. Aber mit Magnesiumstearat hat das nichts zu tun.

Hier ein paar Gründe für Nebenwirkungen:

  • Toxine
  • Verunreinigungen
  • Synthetische Zusatzstoffe
  • Zu starke oder zu schnelle Entgiftung
  • Wechselwirkungen mit anderen Produkten
  • Allergie gegen einzelne Inhaltsstoffe

Nebenwirkungen werden irrtümlich Magnesiumstearat zugeschrieben. In den meisten Fällen ist mangelnde Qualität schuld.

Lass Dich nicht von unseriösen Herstellern veräppeln

Der Markt an Nahrungsergänzungen ist undurchsichtig – ich weiß. Aber lass Dich gerade deshalb nicht von Herstellern veräppeln.

Dazu möchte ich Dir eine Geschichte erzählen:

Ich werde häufig auf Zusammenarbeiten angesprochen. Letztes Jahr kam der Hersteller eines neuen Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere auf mich zu. Er erklärte mir stolz, wie sensationell natürlich ihr Produkt sei, dass sie selbst auf Fließstoffe wie Magnesiumstearat verzichten – ich wisse doch bestimmt, wie schädlich diese seien.

Ich antwortete, dass ich immer für ehrliche Partnerschaften offen bin, aber ich müsste mir natürlich das Produkt und die Firma erstmal genauer ansehen. Gesagt getan.

Ein einziger Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe und ich entdeckte, dass dieses „unheimlich natürliche Produkt“ synthetisches Vitamin E enthält.

Upps… Ich habe dankend abgelehnt.

Das als kleiner Einblick, wie es in dieser Branche läuft. Die Welt wäre so schön einfach, wenn man anhand eines einzelnen Punktes die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln beurteilen könnte. Aber die Realität ist bei weitem nicht so einfach.

„Frei von Magnesiumstearat“ ist kein Qualitätsmerkmal (eher das Gegenteil).

Fazit: Magnesiumstearat

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ist hart umkämpft. Liebe Hersteller, ich verstehe das. Aber bitte macht Euer Marketing nicht auf Kosten der Verbraucher. Und bitte, liebe Startups, macht Eure Recherche bevor Ihr Eure Produkte auf den Markt schmeißt.

Wer gegen Magnesiumstearat wettert, der verwirrt nicht nur Verbraucher, sondern stellt auch sein mangelndes Fachwissen zur Schau.

Lass mich also nochmal zusammenfassen:

Laut derzeitigem Stand der Forschung ist Magnesiumstearat nicht nur unbedenklich, sondern sogar gesund – genauso wie Kokosöl oder Olivenöl.

Magnesiumstearat wird von unserem Körper in Magnesium und Stearinsäure aufgespalten. Die Stearinsäure wiederum wird größtenteils zu Ölsäure umgewandelt – die Du auch aus Olivenöl kennst. Studien zeigen, dass alle drei Stoffe sogar gut für uns sind. Laut Studien verbessern sie unter anderem den Blutdruck oder Cholesterin.

Natürlich lässt sich jeder Stoff dieser Welt überdosieren. Aber das gilt selbst für Vitamine oder Wasser. Um Magnesiumstearat überzudosieren, müsstest Du schon mehrere tausend Tabletten am Tag schlucken.

Qualität von Nahrungsergänzungen erkennt man auch nicht an einem Stoff. Hierfür sind viele Punkte entscheidend, wie natürliche Vitamine, gentechnikfreie Rohstoffe, Schadstofffreiheit oder natürliche Verhältnisse. Mehr dazu erfährst Du in meinem Newsletter.

Jetzt bin ich aber gespannt: Hattest Du Bedenken zu Magnesiumstearat? Oder Habe ich einen Punkt vergessen? Oder beschäftigt Dich vielleicht ein anderer Stoff, den ich beleuchten soll?

>